Newsletter Nr. 23





Liebe Freunde von Salone Dreams,

Francis, der Leiter von unserem Projektpartner, wird im Oktober nach Sierra Leone umziehen und nach einer Bestandsaufnahme werden wir euch hoffentlich im November oder Dezember Pläne vorstellen können, wie es konkret in dem gemeinsamen Projekt weitergehen wird.

Neben dem eigentlichen Bildungsprojekt ist mir aber auch noch etwas anderes sehr wichtig, was ich zum Hauptprojekt hinzunehmen möchte und euch heute vorstelle. Auf meinem Blog habe ich vor Kurzem darüber geschrieben, wie die vielen kurzen Hilfsprogramme in der Post-Ebola-Phase die großen, langfristigen Probleme nicht ansatzweise zu lösen vermögen. Das Ziel dieses Newsletters ist es, genau diese langfristige Hilfe für einige Menschen zu ermöglichen und dafür benötige ich eure Hilfe.

Meine sierra leonischen Kollegin Phatima, die als Sozialarbeiterin für World Hope arbeitet und zur Zeit ein sechsmonatiges Unterstützungsprojekt für Ebolawaisen leitet, und ich haben uns vorgenommen, dieses Kurzprojekt für die Waisen nicht abbrechen zu lassen und als Fürsprecherinnen für Kinder einzutreten, deren Leben sich im letzten Jahr dramatisch verändert haben; die zum Teil – nach unserer Definition – unter unmenschlichen Bedingungen leben müssen; die in vielen Fällen große Verantwortung, die über ihre eigenen Bedürfnisse hinausgeht, tragen müssen und die keine Aussicht auf eine Zukunft haben, weil weder der Staat noch irgendeine andere Institution sich ihrer annimmt. Ich möchte euch mitnehmen in die Welt von Hannah, Elizabeth, Kadia, Mariatu und Foday, die als älteste Geschwister bereits viele Lasten tragen und für die wir Patenschaften suchen.




In Hannahs Zuhause möchte man am liebsten die Augen zu machen und seinen Geruchssinn ausschalten. Sie wohnt mit ihrer schwer gehbehinderten Großmutter Esther in einer kleinen Hütte an einer Bucht, wo die meisten Menschen ihren Müll abladen. Wenn Flut ist, steigt das Wasser und damit auch der Müll bis zum Rand ihres Zuhauses. Bei Regen kommt das Wasser auch noch von oben, denn das Dach und die Seitenwände haben einige Löcher. Es ist der ideale Lebensraum für Kakerlaken, Ameisen und anderes Ungeziefer, die zu Hunderten den Boden der kleinen Wellblechhütte belagern. Nur ein Bett findet in dem kleinen Haus Platz, darauf eine durchgelegene Matratze und Kleidung, die ein wenig mehr Polsterung verschaffen soll.

Hannah ist 12 Jahre jung und pflegt ihre Großmutter seit drei Jahren. Ihren Vater hat sie nie kennengelernt, ihre Mutter zog vor vier Jahren zu ihrem neuen Partner nach Liberia und ließ ihre Tochter zurück. Jeden Monat schickte sie Hannahs Großmutter Geld, das für ein bescheidenes Leben reichte. Hannah ging zur Schule, holte Wasser, wusch die Wäsche, erledigte Einkäufe und den Haushalt. "Sie ist mein Auge, meine Nase, meine Ohren für die Welt draußen, die ich nicht mehr sehen, riechen und hören kann. Sie ist mein Alles", sagt Esther. Als Hannahs Mutter vor knapp einem Jahr in Liberia an einer Infektion mit dem Ebolavirus verstarb, wurde aus Hannah auch noch die Versorgerin. An den meisten Tagen zieht sie bettelnd durch die Nachbarschaft, am Anfang hatten noch viele Leute Mitleid mit ihr, heute fühlen sich viele von ihren wiederkehrenden Besuchen gestört. An manchen Tagen essen sie gar nichts. "Was kann eine 12-jährige schon leisten oder bieten? Die Wahrscheinlichkeit, dass sie in sehr naher Zukunft in die Prostitution abrutscht, ist sehr hoch, wenn dieser Teufelskreis nicht unterbrochen wird", meint meine Kollegin Phatima, die viel mit Mädchen wie Hannah gearbeitet hat. Esther würde alles in ihrer Macht stehende tun, um ihrer Enkeltochter die Last der Verantwortung abzunehmen, aber sie kann es nicht. Hannah ist ein sehr gehorsames Kind und hat ein großes Pflichtbewusstsein, die enge Beziehung zu ihrer Großmutter stärkt sie. Auf die Frage, was sie einmal werden möchte, sagte sie, sie wolle die erste weibliche Präsidentin Sierra Leones werden und den Frauen und Mädchen in ihrem Land zu ihren Rechten verhelfen.

Hannah und Esther brauchen eine monatliche finanzielle Unterstützung von 110 €, damit die beiden ausreichend zu essen haben, Hannah zur Schule gehen kann, die Hütte ausgebesserte werden kann und beide medizinische Hilfe in Anspruch nehmen können. Strom, fließendes Wasser und anderen Luxus werden sie sich von diesem Betrag nicht leisten können, aber es würde ihnen einigen Druck im Alltag nehmen. Ideal wäre es, wenn die beiden von einer anderen Familie aufgenommen werden könnten und sich ein Erwachsener um die Pflege Esthers kümmern könnte.




Die Nächte sind unbequem für Elizabeth und ihre beiden Brüder. Zu dritt teilen sie sich eine 90x180cm-Matratze auf dem Boden einer 6-m2-großen Einraumwohnung. Neben ihnen, auf einer anderen Matratze, liegen ihre beiden Cousins, daneben ein Onkel und auf dem einzigen Bett im Raum die Eltern der beiden Cousins. In einer Ecke stehen zwei Koffer mit Kleidung, darauf stapeln sich einige andere Habseligkeiten der Bewohner. Es ist warm und stickig, das einzige Fenster und die Tür werden nachts aus Angst vor Dieben geschlossen. Als die 17-jährige Elizabeth und ihre jüngeren Geschwister, 13 und 8 Jahre, im Januar einzogen, war das Wellblechhaus mit fünf Personen schon überbelegt, mit acht Personen ist es eindeutig zu voll. Als sich Elizabeths Eltern im November beide kurz nacheinander mit Ebola infizierten und verstarben, wurden die drei zunächst in ein Quarantänezemtrum für Minderjährige gebracht. Elizabeth hatte sich den Infektionsweg des Virus und die Schutzmaßnahmen gut eingeprägt. Mit Handschuhen, Desinfektionsmitteln und anderen Hygienemaßnahmen konnte sie sich und ihre Geschwister vor einer Ansteckung schützen.

Die einzige Schwester ihrer Mutter sah sich in der Verantwortung, sich um ihre Nichte und die beiden Neffen zu kümmern als sie aus der Quarantäne entlassen wurden. Sie haben ein gutes Verhältnis zueinander, doch Elizabeth und ihr Onkel geraten immer wieder aneinander, vor allem weil er ihr immer wieder zu verstehen gibt, dass sie drei zu viel in seinem Haus sind. Von einer Spende konnte Phatima für ein Jahr die Miete für eine kleine Hütte in der Nachbarschaft des Hauses der Verwandten bezahlen, um die angespannte Stimmung im Haus ihrer Tante zu entzerren. In dieser oder der nächsten Woche können die drei umziehen, doch dort ist nichts außer der einen Matratze, die sie mitnehmen werden, essen werden sie weiterhin bei ihrer Tante. Um Elizabeth den Besuch einer höheren Schule zu ermöglichen, etwas zum Einkommen des Haushalts der Tante beizutragen und medizinische Versorgung sicherzustellen, werden monatlich insgesamt 120 € benötigt, 40 € pro Kind.




Wenn man Kadia, ihre drei Schwestern und ihre Oma Fatmata lachend zusammen und ihren herzlichen Umgang miteinander sieht, würde man nicht denken, dass sie gerade durch die schwerste Zeit ihres Lebens gehen. Als im August 2014 Kadias Vater sich mit dem Ebolavirus infizierte und kurze Zeit später starb, brach für die vier Schwestern und ihre Mutter eine Welt zusammen. Doch sie ließen sich nicht unterkriegen, Kadias schwangere Mutter fand eine Arbeit als Verkäuferin und die 14-jährige Kadia versorgte in der Zeit ihre jüngeren Schwestern. Als der Geburtstermin im Januar näher rückte, machte die Mutter sich auf die Suche nach einer Hebamme, die die Geburt ihres fünften Kindes begleiten würde – doch sie fand niemanden. Der Kontakt mit Körperflüssigkeiten ist bei Geburten besonders hoch und die Gefahr, sich bei einer schwangeren Ebolainfizierten anzustecken, besonders groß. Viele Krankenhäuser hatten geschlossen und so fand die vierfache Mutter in ihrer Verzweiflung nur eine Klinik außerhalb der Hauptstadt, die sie aufnahm. Als sie bereits beim Einsetzen der Wehen Blutungen entwickelte, verließen sie aus Angst alle Pfleger und Kadia erfuhr nur noch, dass ihre Mutter und das Baby bei der Geburt verstarben, obwohl der Ebolabluttest negativ ausfiel. Für die Geburt waren die vier Schwestern zu ihrer Großmutter gezogen und blieben dort nach dem Tod ihrer Mutter. Doch der Partner ihrer Großmutter, nicht ihr biologischer Großvater, weigerte sich, vier Mädchen dauerhaft durchzufüttern und setzte sie wenige Tage später vor die Tür. Fatmata war entsetzt über die Entscheidung ihres Partners und verließ ihn noch an diesem Tag, um sich um ihre vier Enkeltöchter zu kümmern, zu denen sie eine enge Bindung hat. Ein Bekannter hatte Mitleid mit ihnen und stellte ihnen zwei Räume eines Hauses für vorerst ein Jahr zur Verfügung – damit sie wenigstens ein Dach über dem Kopf haben. Seit nunmehr einem halben Jahr schlagen sie sich irgendwie durch und sind froh, dass sie wenigstens einander haben. Mit 160 € monatlich könnten die vier Mädchen und ihre Großmutter leichter durch den Alltag kommen und zur Schule gehen.




Mariatu lacht nicht mehr seit ihre Eltern im letzten Jahr an den Folgen einer Infektion mit dem Ebolavirus verstarben. Der Vater war Lehrer und hatte sich bei dem Versuch, Geld mit Privatstunden zu verdienen als die Schulen geschlossen waren, angesteckt. Die Mutter steckte sich an, als sie sich um ihren kranken Mann kümmerte. Die beiden isolierten sich von ihren Kindern als erste Symptome auftraten und konnten sie so vor der Ansteckung schützen. Mariatu, 9 Jahre, und ihr 11-jähriger Bruder kümmerten sich während der dreiwöchigen Quarantäne um ihre beiden kleinen Geschwister im Alter von 3 und 6 Jahren. Nach der Quarantäne nahm eine Tante die beiden Jungs auf, Mariatu und ihre Schwester zogen ins zwei-Stunden-entfernte Freetown zu ihrer Großmutter, die sie kaum kannten. Die Großmutter ist alleinstehend und produziert Seife, die sie in der Nachbarschaft verkauft. Um Mariatu und ihre kleine Schwester durchzufüttern, muss mehr Seife hergestellt und umgesetzt werden. Die Großmutter verlangt, dass vor allem Mariatu ihren Beitrag zum Lebensunterhalt leistet und bezieht sie täglich in die Arbeit ein. Neben dem Schulbesuch, der ihr zum Glück gestattet wird, hat Mariatu kaum Zeit, Freundschaften zu schließen. Sie fühlt sich auch nach acht Monaten in Freetown immer noch fremd und vermisst ihre Brüder sehr, die sie seit sechs Monaten nicht mehr gesehen hat.

Mit 80 € monatlich (40 € pro Kind) könnte die Großmutter der beiden mit Lebensmitteln unterstützt werden, sodass die Mädchen nicht mehr bei der Seifenproduktion mithelfen müssen. Mariatu liebt die Schule, sie ist der wichtigste Ankerpunkt ihres Lebens – mit Unterstützung könnten ihr und ihrer Schwester der Schulbesuch weiterhin und dauerhaft ermöglicht werden.




Fodays Zuhause ist in einem Labyrinth. Er wohnt in einem der am engsten besiedelten Stadtteile in Freetown, enge Pfade schlängeln zwischen den Häusern aus Wellblech und Plastik. Man muss ständig auf den Boden schauen, um nicht über spielende Kinder, Töpfe, Feuerstellen, Berge von Wäsche oder in provisorisch angelegte Abwassergräben zu stolpern, doch Fodays kennt hier jeden noch so kleinen Weg. Mit seinem Bruder und seinem Vater Michael wohnt er in einem kleinen Zimmer, in dem es kein Fenster gibt. Aus Angst vor Dieben hat Fodays Vater nur eine abschließbare Tür eingebaut. Eigentlich wohnten sie hier zu sechst, aber Fodays Mutter starb letzten Sommer und die zwei jüngsten Geschwister sind bei Verwandten.

Man sagte den Hinterbliebenen auf Nachfrage, die Mutter habe Ebola gehabt, wissen tun sie es aber nicht, denn die Spur der Mutter hat sich verloren. Keine Behörde oder Gesundheitsstation kann Auskunft darüber geben, wo sie behandelt wurde, ob der Bluttest wirklich positiv war und wo sie beerdigt wurde. Alle Daten über sie sind verschwunden – kein Einzelfall. Michael verlor seinen Job als Putzhilfe als sein Chef die angebliche Todesursache seiner Frau erfuhr. Seine Frau verkaufte bis zu ihrem Tod Reis und Zwiebeln, damit versucht er nun den Lebensunterhalt der Familie zu bestreiten. Doch es reicht nicht. Vor zwei Monaten brachte er seine zwei jüngsten Kinder bei seinen Eltern unter, weil das Geld nicht für alle vier Kinder reicht. Sie wohnen nun auf einer Insel; Fodays Vater versucht zu sparen, um einmal pro Monat das Ticket für die Fähre bezahlen zu können, um seine Kinder zu sehen.

Foday und sein Bruder spielen in ihrer Freizeit am liebsten Fußball, doch ihr Vater erlaubt es selten, sie sollen oft im Selbststudium zu Hause lernen. Er selbst hat nur einige Jahre einer Dorfgrundschule besucht, richtig lesen und schreiben hat er nie gelernt. Für seine Kinder wünscht er sich, dass sie alle eine gute Grundausbildung bekommen und es einmal besser haben werden als er. Fodays Vater wurde im August in einem Fortbildungsprogramm angenommen, zur Zeit macht er seinen Führerschein und hofft, einen Job als festangestellter Fahrer zu bekommen.

Die beiden jüngsten Kinder, beide unter fünf Jahre, sind bei ihren Großeltern momentan am besten aufgehoben. 100 € monatlich wären eine gute Unterstützung für Fodays Vater, die ihn aber dennoch dazu anhalten würden, eine Anstellung zu finden und zum Einkommen beizutragen.



Würdest du die Patenschaft für eins dieser Kinder übernehmen oder einen Teil der Unterstützung übernehmen? Für weitere Fragen stehe ich gerne zur Verfügung und du darfst diese Email auch gerne weiterleiten, denn Kinder wie diese fünf und ihre Geschwister gibt es viele.



Mit vielen Grüßen aus den regnerischen Tropen, Hanna

P.S.: Ich bin auf der Suche nach einem Kfz-Diagnosegerät/Auslesegerät. Ich würde dieses gerne einem Familienvater in Sierra Leone weitergeben, der sich damit Alleinstellungsmerkmale im Job erarbeiten und seine Familien somit besser versorgen könnte. Es sollte ein kleines Gerät sein, damit es im Flugzeug transportiert werden kann. Wolltest du schon immer einmal ein Kfz-Diagnosegerät verschenken oder kennst du jemanden, der es wollen würde?