Newsletter Nr. 32





Liebe Freunde,

der letzte Newsletter von Salone Dreams liegt nun schon eine ganze Zeit zurück; das tut mir leid.

Die Verspätung liegt zum einen daran, dass ich sehr viel mit anderen Dingen beschäftigt war und mein Start in Australien sehr holprig verlief, andererseits bremst die Regenzeit in Sierra Leone jedes Jahr das Fortschreiten der Projekte. Die Workshops im YDP haben für die Dauer der Schulferien pausiert und außer einiger Ferienkurse waren auch unsere beiden Schulen geschlossen. Seit knapp zwei Wochen sind die Schulen nun wiedereröffnet und so werden auch die Projekte wieder in höhere Gänge schalten.

Ich muss in diesen Tagen häufig an die Ereignisse vom Vorjahr denken, denn letztes Jahr um diese Zeit begann in Sierra Leone zum ersten Mal der langerhofften Countdown zu Null-Ebolafällen. Ein Land muss 42 Tage ohne Neuerkrankungen durch das Ebolavirus bleiben, um durch die Weltgesundheitsorganisation virusfrei erklärt zu werden. Die Zahlen der Neuinfektionen waren in den Monaten und Wochen zuvor drastisch gesunken, aber die Krankheit war immer noch im Land und im Bewusstsein aller stark zu spüren.

Als die letzte Patientin als geheilt aus dem Behandlungszentrum in Makeni entlassen wurde, ging ein zaghaftes Aufatmen durchs Land. Fröhlich zu sein, traute man sich noch nicht, dafür war es zu früh, aber es war ein Zeichen der Hoffnung, dass die gemeinsamen Anstrengungen doch Wirkung gezeigt hatten. Ich erinnere mich, dass ich an diesem Tag viele Nachrichten und Anrufe bekam „Hast du schon gehört - der Countdown hat angefangen?“

Abends machte ich einen Spaziergang mit einem Freund durch Makeni. Er war sehr gut gelaunt und hielt mehrmals an, um mit Bekannten einen kurzen Plausch zu halten – natürlich mit Handschlag. Ich war deutlich vorsichtiger. Vor meinem inneren Auge sah ich immer noch das rot-weiße Absperrband, das um die Häuser unter Quarantäne stehender Menschen gewickelt war; noch sechs Monate zuvor waren einige Häuser in meiner direkten Nachbarschaft betroffen. Ich hoffte so sehr, dass es das Ende der Epidemie sein würde, war aber gleichzeitig wenig optimistisch, gerade weil so viele Sierra Leoner schon wieder nachlässig mit den Hygienemaßnahmen wurden.

Die sechs Wochen des Countdowns fühlten sich ein wenig wie die Vorweihnachtszeit an, es stand etwas Großes und Wichtiges bevor – nur mit dem Unterschied, dass die Tür zum Kalender immer erst abends um 18 Uhr geöffnet wurde. Dann nämlich, wenn die nationalen Labors ihre Ergebnisse bekannt gaben. Über Radio, Internet oder Fernsehen konnte man sie abrufen und es wurde ein regelrechter Sport daraus, die Ergebnisse schnellstmöglich mit Freunden und Bekannten zu teilen. Ich war zu der Zeit häufig unterwegs, oft auch in Gegenden ohne Telefon- und/oder Internetempfang, ich konnte mich aber immer darauf verlassen, dass beim Einfahren in die Empfangszone mir jemand eine Nachricht mit den Ergebnissen geschickt hatte.

Im November 2015 war es dann tatsächlich soweit und Sierra Leone wurde ebolafrei erklärt, auch wenn es unerwartet im Dezember wieder einen Fall gab und der Countdown noch einmal neugestartet wurde.

Ein Jahr ist seither vergangen und auch wenn die Wunden bei weitem nicht verheilt sind, erzählen mir meine Freunde doch, dass es wieder bergauf geht. Die Landwirtschaft zum Beispiel, hatte sehr unter der Epidemie gelitten, weil die Restriktionen es den Bauern nicht erlaubten, wie üblich auf ihren Feldern zu arbeiten und so verloren viele Teile ihrer Ernte oder aßen ihr Saatgut, um nicht zu verhungern. Gegen Ende der Epidemie wussten viele Bauernfamilien nicht, wie sie jemals wieder an Startkapital für Samen kommen sollten. Doch gab es einige Initiativen von NGOs und ausländischen Regierungen, die Saatgut verteilten und so habe ich in dieser Woche einen Bericht gelesen, dass die Reisernte in diesem Jahr gut ausfallen wird.

Vor meinem Abflug im Mai war ich auch mit John, dem Schulleiter aus Yam’s Farm für unsere Schule Reis- und Maissamen sowie Cassavawurzeln kaufen, denn der Ernteverkauf soll in Zukunft die Gehälter zweier Lehrer sicherstellen. Der Regen hat sein Gutes getan und so ist der Reis bald erntereif und wird dann sofort durch Erdnüsse abgelöst.

Auf bald – dann mit neuen Nachrichten aus unseren Projekten!


Viele Grüße vom anderen Ende der Welt,
Hanna